Selbstverletzendes Verhalten (SVV)

Selbstverletzendes Verhalten (SVV) verleiht dem inneren seelischen Notstand eines Jugendlichen nach außen deutlich sichtbar Ausdruck. Selbstverletzungen treten somit nicht alleinstehend, sondern als Symptom mindestens einer weiteren psychischen Erkrankung oder Störung auf.

Diese können sein:

  • Depressionen
  • Traumata
  • Persönlichkeitsstörungen
  • Angststörungen
  • Essstörungen
  • Zwangsstörungen sowie Drogen- und Alkoholmissbrauch.

Die Selbstverletzung dient als Ventil zum Abbau hohen emotionalen Drucks, der sich gegen sich selbst richtet. In vielen Fällen ist dies ein Versuch, innere Gefühle von Anspannung und Stress durch Selbstverletzung zu mindern. Körperliche Schmerzen helfen, seelische und emotionale Schmerzen für einen Moment zu überdecken, kurzfristig zu lindern oder sich selbst überhaupt wieder spüren zu können. Die Ausführung der Selbstverletzung geschieht zumeist im Schutz eines abgeschiedenen Raumes. Die Handlung ist überlegt. Ihr geht ein langer innerer Kampf voraus. Das Ritzen mit Messern, Scherben und Rasierklingen ist die häufigste Art der Selbstverletzung. Betroffene Jugendliche schneiden sich bevorzugt in Unterarme und Oberschenkel. Einige andere verbrennen oder verbrühen sich, ätzen, kratzen, stechen oder beißen sich in die Haut. Manche reißen sich die Haare aus oder schlagen den Kopf gegen die Wand.

Erklärt werden kann dieses Verhalten durch das Phänomen der Selbstentfremdung. Die starke Verletzung des eigenen Körpers ist überhaupt nur deshalb möglich, weil Betroffene ihr Körpergefühl verlieren und sich selbst von außen wie eine fremde Person wahrnehmen. Selbstverletzende Jugendliche verspüren während des Schneidens keinen Schmerz, vielmehr kommen mit dem Blut Erleichterung und Zufriedenheit. Körper und Seele verschmelzen kurzzeitig wieder zu einem Ganzen.

Die Handlungskette beginnt von neuem, wenn sich mit dem Erkennen der Wunden auch die Wut auf eigene Schwächen und Ängste wieder mehrt und sich anwachsender innerer Druck erneut entladen muss. Die Psychotherapie kann helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Je jünger die betroffenen Patienten dabei sind, desto besser sind auch die Heilungschancen. Von einer endgültigen Heilung ist jedoch auch beim positivem Therapieverlauf nicht immer auszugehen. Die latente Gefahr zur Selbstverletzung bleibt bestehen, solange diese als Mittel der Problembewältigung erlebt wurde und im Bewusstsein verankert bleibt. Knapp die Hälfte der Therapien von SVV erstrecken sich daher über fünf Jahre und länger.